Sonntag, 17. Dezember 2017

Christkind spielen





Hallo Leute. Heute war ein ganz besonderer Tag. Weihnachten steht vor der Tür und - nein, ich warte nicht aufs Christkind. Ich bin doch schon ein großes Hundemädel und weiß, dass es sowas nicht gibt, meine Geschenke kommen definitiv von Frauchen und Herrchen (die glauben, ich beobachte sie nicht). Also, Weihnachten steht vor der Tür und damit der bereits traditionelle Besuch im Pflegeheim. Dabei bin ich natürlich nicht alleine unterwegs, sondern in Begleitung von ein paar Kumpels (na ja, unsere Menschen dürfen auch mit).
Also, raus aus dem Auto, nochmal kurz Gassi gehen (es macht ja keinen guten Eindruck, wenn das drinnen passieren würde) und dann betreten wir das bereits wohl bekannte Gebäude. Bereits beim Reingehen werden wir von ein paar Personen begrüßt und angequatscht. Ja, ja, heute sind wir die Stars. Bevor es so richtig los geht, werden wir noch dem Anlass entsprechend adjustiert. Was sich Menschen da so alles einfallen lassen: Sie setzen sich komische rote Mützen auf, Herrchen sogar mit einem Bart, obwohl er eh einen eigenen hat (aber der ist noch nicht ganz so weiß, trotz meines zeitweisen Herantastens an seine nervliche Belastungsgrenze). Ich bekomme irgendwie ein eigenartiges braunes Ding aufgesetzt. Soll wohl so eine Art Geweih sein (üblicherweise setze ich anderen die Hörner auf). Na ja, das wird eh nicht lange halten.
Endlich geht es los. Wir beginnen unsere Besuchstour im obersten Stock. Als wir durch die Tür schreiten, warten schon alle auf uns. Sie sitzen an Tischen, auf Bänken und auch in Rollstühlen. Ich muss zugeben, die waren mir beim ersten Mal noch etwas unheimlich, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Sofort teilen wir uns auf und starten unser Besuchsprogramm. Die meisten der alten Leute freuen sich riesig, uns zu sehen, uns zu streicheln und uns zu füttern. Ja, okay, ich geb’s zu, das Füttern ist das Tollste an dem Ganzen. Aber was soll ich machen, ich bin ein Labrador und habe das Fressgen, das ist wissenschaftlich bewiesen. Ein Sklave meiner Erbanlagen! Also trotten wir von einer Person zur nächsten, viele erzählen, dass sie früher auch selbst Hunde gehabt haben. Ich merke, dass einige das vermissen und glücklich darüber sind, wieder einmal so eine Fellnase sehen und berühren zu können. Zwischendurch zeigt Herrchen auch ein paar Kunststücke mit mir vor, wie zum Beispiel im Kreis drehen, Sitz und Platz machen, oder - das absolute Highlight - Leckeren aus der Luft fangen. Na, das lasse ich mir doch nicht zweimal sagen!
Die Menschen hier am Ende ihres Lebensweges sind ganz unterschiedlich. Die einen sind noch geistig ganz auf der Höhe, zeigen sich interessiert und stellen Fragen. Manche andere wirken sehr abwesend. Aber eines weiß ich, unsere Anwesenheit spüren alle. Und für alle ist es eine riesen Freude und eine willkommene Abwechslung in ihrem doch meist eintönigen Alltag (obwohl, wie ich betonen muss, sich das Pflegepersonal selbstverständlich die größte Mühe gibt).
Am Ende unseres Besuches verabschieden sich unsere Herrchen und Frauchen mit einem „Frohe Weihnachten“ und dann geht es weiter in den nächsten Stock, den nächsten Aufenthaltsraum, wo wir schon erwartet werden. Dazwischen gibt es Wasser für uns zu trinken, denn es ist einerseits sehr warm hier, andererseits ist so ein Besuch anstrengender für uns Hunde, als es vielleicht den Anschein macht. Auch hier gibt es wieder erfreute Gesichter, Lächeln und Lachen und viel Streicheln. Ich gebe ja zu, dass ich ohne Futterbestechung nicht so viel arbeiten würde (zumindest muss ich diesen Eindruck vermitteln), aber man muss die Situation schon auch ein bisschen ausnützen. Auch auf dem Boden liegen so einige leckere Brösel herum, die ich mir unbedingt organisieren muss (irgendwann gibt Herrchen auf). Nur bei den vereinzelten Wurstsemmeln und Kuchen auf den Ablageflächen der Rollstühle und Rollatoren, da ist definitiv Schluss mit Lustig, da kennt Herrchen kein Pardon.
Aufpassen muss man auch, dass man bei allem Elan und Übermut nicht zu stürmisch wird, denn zum Beispiel ist die Haut mancher dieser Senioren schon sehr leicht verletzbar. Also, Vorsicht mit den Krallen!
Ab und zu geselle ich mich auch mit Meinesgleichen zusammen und wir legen uns zum Beispiel nebeneinander auf den Boden. Na, das löst dann wieder Begeisterung aus, weil wir ja anscheinend so dicke Freunde sind. Ist ja auch nicht so weit hergeholt. Wir verstehen uns alle. Das wir Hunde immer miteinander konkurrieren und ständig austesten, wer der Stärkere ist, das ist doch kompletter Schwachsinn! (So nebenbei gesagt: Vielleicht ist das bei euch Menschen doch eher der Fall.)
Schließlich absolvieren wir unsere letzte Besuchsrunde im Erdgeschoß und sind mittlerweile doch auch schon so einigermaßen erschöpft. Aber zu sehen und vor allem zu spüren, welche Emotionen wir bei den alten Menschen auslösen, das gibt neue Kraft!
Nach rund eineinhalb Stunden ist unser Programm zu Ende. Wir verabschieden uns und ich denke mir: Ja, das Christkind gibt es vielleicht doch. Diesmal waren wir die Christkinder, die Geschenke gebracht haben: Freude, Spaß, Lächeln, Lachen, Erinnerungen. Wir Fellnasen sind doch prädestiniert dafür, unmittelbar und unkompliziert einen Zugang zu den Herzen und Seelen der Menschen zu finden. Dafür habt ihr uns und diesen Job erledigen wir mit Bravour.

So long und bis zum nächsten Mal, eure Alexa!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen